Ein interessanter Tag war das heute in Sankt Augustin.
Am Eingang gab es Namensschild und Stofftasche mit Infomaterial und Kulli. Nach der ersten Begrüßung im AudiMax, begann die Konferenz für mich mit einem Vortrag über OpenVZ – einer Virtualisierungslösung, die in den Kernel gepatcht, mehrere unpriviligierte Root-Dateisysteme mit dem Kernel des „Muttersystems“ verwaltet. Dazu gibt es dann eine Reihe von Tools, um die Systemcontainer zu verwalten (Starten, Stoppen, Ressourcen verteilen, …) und sogar im laufenden Zustand auf ein anderes System zu verschieben.
An eine kurzen Einleitung zum Thema Virtualisierung ansich und der Positionierung von OpenVZ in diesem noch recht neuen Feld, schloss sich eine Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen an. Darauf folgte dann ein größerer Block von Beispiele, wie die Utilities verwendet werden und diverse Details (PIDs, Dateisystem, CPU-Quotas, …) von beiden Seiten der Virtualisierungsschicht ausschauen.
Durch den überschaubaren Eingriff ins Muttersystem (Kernelpatch), scheint mir OpenVZ die einfachste Methode zu sein, um auf kleinen unkritschen Servern die unterschiedlichen Dienste zu kapseln – z.B. mehrere einfache V-Server auf einem einzigen Hostingserver. Die Einschränkungen tauchen natürlich schnell da auf, wo die einzelnen Maschinen exklusive Kernel-Kunktionen oder gleich einen anderen Kernel benötigen.
wiki.openvz.org
Der nächste Vortrag unter der Überschrift „Virtualisierung mit Xen“ packte das gleiche Thema von einer ganz anderen Seite an. Nach einem weiteren Technologie-Überblick wurde großes Augenmerk auf die Hochverfügbarkeit der Lösung mit Xen gerichtet und so eine Konfiguration mit geclusterten Dateisystemen (Open-Sharedroot) vorgestellt, die entsprechend komplex und umfassend portierbar/skalierbar war.
Alles hochinteressant, wenngleich ich einen solchen Aufbau bei mir zu Hause wohl kaum zustande bringen kann (trotz verfügbarer LiveCD) – und Ausprobieren macht ja am meisten Spaß.
Bleibt mir von diesem Vortrag also vor allem ein tiefer Einblick in die Funktionsweise von Virtualisierungs-Lösungen in großen Unternehmen und die Gegenüberstellung zu „simpleren“ Konzepten wie OpenVZ.
www.atix.de | www.opensharedroot.org | xen.org
Nach der Mittagspause suchten wir uns zügig gute Plätze für die Keynote „Minix 3“ von Betriebsystemguru Andrew S. Tanenbaum – Autor einiger der Standardwerke der Informatik und Entwickler von Minix (das ja bekanntlich Herrn Torvalds zu seinem Linux inspiriert hat).
Mit Kritik an den „fetten und verbuggten Betriebsystemen“ der Gegenwart hielt er sich natürlich nicht zurück und rührte sehr humorvoll (Was man mit ein paar Sprüchen, Cliparts und Statistiken nicht alles machen kann 😉 ) die Werbetrommel für die neuste Minix-Version, die den Status „Lehr-Betriebssystem“ längst abgeschüttelt haben soll.
Die zahlreiche Beispiele zu Minix Schichten-Modell (Treiber komplett im Userspace, …) und Features (wie den Reincarnation Server, der z.B. gecrashte Treiber ähnlich einem Watchdog kontinuierlich überwacht und ggf. neu startet) brachten den Vortrag aber auch noch auf eine technischere Ebene.
Viel Neues, wenn man sich noch nie mir dem Thema „Mikrokernel“ auseinandergesetzt hat. Die anwesende Fangemeinde war – der Prominenz des Redners entsprechend – um jedes Wort dankbar und gut aufgelegt. ;)Eine Minix3-LiveCD war in der Stofftasche, also wird es ebenfalls ausprobiert.
Eine Etage höher sollte es dann im Workshop: X-Server – Der Blick unter die Haube praktisch zur Sache gehen. Unter Anleitung wurde – zwischen Vortragsteilen – von dem mitgebrachten Laptops am X-Window-System herumgebastelt. Angefangen von der Rollenverteilung der Komponenten moderner Desktop Enviroments, über spezielle X-Server und wie abseits von der klassischen Anwendung mehrere X-Instanzen auf einem Rechner kontrolliert werden, bis hin zu den Möglichkeiten X-Clients und X-Server über die Entfernung (sicher) zu verbinden.
Die 4 Stunden Workshop zogen sich gegen Ende etwas in die Länge (auch aufgrund von Schwierigkeiten mit dem Testsystem). Vieles hatte ich mir auch schon vorher im Netz angelesen. Doch durch die angeleiteten Versuche, kann ich die Theorie nun immerhin „theoretisch praktisch“ umsetzen. Und für jedes Detail, dass mir im Zusammenhang mit dem X-Server klarer wird, bin ich sehr dankbar – so verworren wie die Zusammenhänge dort inzwischen sind.
Vermisst habe ich insgeheim ein paar Worte zu den beschleunigten Oberflächen wie XGL oder AIGLX bzw. wie sich diese ins Bild einfügen. Wahrscheinlich hätte dies einfach den Rahmen der Veranstaltung gesprengt.
www.x.org
Ich ziehe also ein postives Fazit nach diesem Samstag und kann mich auch über die Fahrt nach Sankt Augustin nicht beschweren. Und weil sich das morgen (sonntags) leider etwas schwieriger darstellt, hol ich mir jetzt eine Mütze Schlaf.