Glymur 

Wir waren  nicht die Einzigen auf dem Weg zum zweithöchsten  Wasserfall Island – den Glymur. Dabei hatte unser Reiseführer davon abgeraten die Strecke bei Regen in Angriff zu nehmen. Es war nass und sehr windig, aber wir wollen nicht gleich den ersten Tag zu sehr vom Wetter bestimmen lassen. Sollte uns Island die Seite zeigen, die es bereit war zu offenbaren.

Der Weg führte nach dem Parkplatz an einer Stichstraße durch ein grau-blaues Meer von Lupinen, die derzeit in voller Blüte stehen. Es nieselte zunehmend stärker, als wir am Ufer des Flusses auf eine wartende Gruppe Wanderer stießen, die sich kritisch mit der Überquerung desselben auf einem nassen Baumstamm Beschäftigten. Die ersten drei Meter dahin führten allerdings über überspülte Felsen und ein einzelnes Stahlseil war als Hilfe gespannt. 

Wir wartende auf unseren Zeitpunkt, zogen uns bei 8 Grad die Wanderstiefel aus, krempelten Regenhose und Hose bis über die Knie und stiegen barfuß in das Wasser.

Auf der anderen Seite zogen wir uns mit steifen Fingernägel wieder an und begannen mit dem Aufstieg am Rand der Kluft, die das Wasser in das Gestein gefressen hatte.


Ein toller Aussichtspunkt nach dem anderen rückte den Wasserfall stetig näher, während der trockene Kern unserer Kleidung auf den Oberkörper zusammen schrumpfte.


Selbst das Wasser der zahlreichen Zuflüsse wusste bei dem Wind nicht mehr, ob es der Gravitation folgen sollte.



Irgendwann hatten wir das Plateau erreicht und konnten sehen, wie sich der Fluss vor dem 192m hohen Fall über die Ebene aus dem Dunst heraus schlängelte.

Da wir auch hier den Fluss durchwaten wollten, um den Abstieg auf der anderen Seite zu beginnen, suchten wir eine Stelle mit vielen Steinen knapp unter der Oberfläche und arbeiteten uns Schritt für Schritt voran während wir die nächsten Meter planten. Am anderen Ufer waren die Füße taub und die Schuhe so nass, dass wir sie kein weiteres Mal hätten ausziehen müssen. 


Am Auto war klar, dass wir unsere wichtigsten Kleidungsstücke bereits am ersten Tag vorläufig außer Gefecht gesetzt hatten. Dafür hatten wir auf dieser Wanderung über dreieinhalb Stunden die Komfortzone bereits eingerissen und wussten, dass wir uns vom Wetter keinen Strich durch die Rechnung machen lassen würden. 

Zwei Tage später haben wir nun fast alles wieder trocken – nur  mein saugstarker Pullover benötigt noch einige sonnige Stunden auf der Wäscheleine.

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