Donnerstag haben wir in der Abenddämmerung wieder finnischen Boden betreten. Auf der Gangway haben mir gleich zwei betrunkene Ladies ihren Sackkarren mit Alkohol über den Fuss gerollt und im Bus roch es später auch extrem hochprozentig.
Wie schön, dass unser Ausflug nach Estland anders geartet war. 🙂
Am Mittwoch kamen wir um 11:00 in Tallinn an. Da wir schon mächtig Hunger hatten, beachteten wir die „Einkaufscenter“ am Hafen nur sehr oberflächlich (dazu später mehr). Von weitem konnte man aber den mittelalterlichen Stadtkern („Old Town“) mit dem Domberg erkennen. Rote-orange Dächer, Mauern, Türme, schmale Gassen, Kirchen und rundes Kieselsteinpflaster bis einem die Füße schmerzen. Für die Pizza sind wir aber wieder an den Rand der Altstadt gewandert – in ein Restaurant, das wir uns schon auf der Tallinn-Webseite ausgesucht hatten. Umgerechnet 5€ für eine große Pizza und 1€ für ein Getränk – das ist nach finnischen Maßstäben schon recht günstig. So richtig toll war die Pizza dann aber leider doch nicht. 😉
Zurück im UNESCO Weltkulturerbe haben wir uns die Altstadt dann in aller Ruhe angeschaut. Die Verkäufer an den Ständen und in den Läden bieten den Touristen ihre Waren oft in Kostümen an und auch die Gaststuben um den zentralen Platz bemühen sich, möglichst authentisch zu wirken. Ein paar Straßen weiter kann man auch die ausländischen Botschaften suchen, die dort alle eine Villa abbekommen haben.
Ans „Old Town“ schließt sich das moderne Tallinn an. Hochhäuser, Bars & Restaurants und einige Shoppingcenter, in denen man ähnliche Läden finden kann wie in Helsinki. Dort haben wir uns späteren am Nachmittag umgesehen. Von den Aussichtsstellen auf dem Domberg kann man übrigens sehr deutlich den Schnitt zwischen Alt und Neu erkennen.
Da wir aber noch immer den Eindruck hatten, nur den touristischen Teil der Stadt zu sehen, haben wir uns vorsichtig dem russischen Markt auf gegenüberliegenden Seite des Bahnhofes genährt. Dort beginnt die Stadt langsam ein wenig „schmuddelig“ zu werden. Der Marktplatz liegt in einem Hof und in den umliegenden Gebäuden sowie einigen festen Kiosken in der Mitte werden Lebensmittel, billiges Spielzeug und Kleidung verkauft. Dazwischen noch einige Stände mit Gemüse und Obst – auch wenn manchmal nur 3 Kisten Äpfel für je 2€ auf dem Tisch stehen. In den „Kiosken“ gibt man seine Bestellung durch ein Fenster auf und erhält, nachdem die grimmig dreinblickende Frau auf der anderen Seite alles in den Tiefen ihres Ladens zusammengesucht hat, die Tüte mit den Waren. Es wird hauptsächlich Russisch gesprochen und auch ausgezeichnet, soweit ich das hören und erkennen konnte. Auf jeden Fall eine ganz andere Welt, als in den Einkaufscentern vorher.
Dann war noch Zeit für eine heiße Schokolade beim Griechen im Old Town, bevor wir uns zu unserem Zimmer mussten. 🙂
In südlicher Richtung geht man durch einen ganz normalen europäischen Vorort, keine Spur von „dem Osten“, den ich als Vorurteil einfach noch im Kopf habe. Hier und da sieht man aber einige halb verfallende Holzhäuser im skandinavischen Stil, bei denen man sich wohl noch nicht zwischen Abriss und Restauration entschieden hat. Nach 2,5km Gehweg standen wir vor unserer „White Villa“ in dem uns unser 31€ Doppelzimmer erwartete. Mehr als 4-5 Zimmer hat die Pension nicht und so wurden wir sehr persönlich empfangen. Das Zimmer war schlicht, aber mit TV und Mini-Kühlschrank. Dusche und WC auf dem Gang schräg gegenüber – sogar nur für uns mit eigenem Schlüssel. Wir haben auf jeden Fall gut geschlafen und sind am nächsten (etwas bewölkten) Morgen wieder in die Altstadt gegangen. Auf dem Weg noch ein Abstecher in den Supermarkt um zu frühstücken – dort hat Andrea auch das erste Mal karelische Piroggen probiert. Ich finde die Kombination mit dem ungesüßten Milchreis ja richtig lecker, aber Andrea war es etwas zu salzig.
Zu Mittag haben wir in einem chinesisches Resaturant gegessen, in das man durch eine niedrige Tür in einem Seitengang der Altstadt gelangt. Mittagstisch für 6€ inkl Getränk – Andrea durfte den Rest ihrer riesigen Portion sogar anschließend mitnehmen und über die Grenze schmuggeln. 😉
Auf dem Weg zum CheckIn Schalter – hätten wir eigentlich schon gleich nach der Ankunft machen können – haben wir die Geschäfte gleich an der Straße zum Terminal unter die Lupe genommen. Dort fand sich dann die Ware, die wir schon ein wenig vermisst hatten. Fast echte Markenklamotten, Zigaretten und Alkohol – sogar ein Stand mit Musik und Spielen, deren Cover nicht einmal sauber ausgeschnitten waren. 😉 30 kleine Geschäfte in einem Center und alle – wirklich alle – verkaufen den selben Kram. Der Container aus China war aber offensichtlich schon ein paar Monate älter und bestand irgendwie nur aus „Gangster“-Pullis und schwarzen Band-Shirts. Obwohl wir dort natürlich nie nie etwas gekauft hätten, fanden wir auch nichts, was uns direkt angesprochen hätte und ich hab dort wirklich jedes Hinterstübchen besucht. 😉
Kurz vor der Abfahrt haben wir dem nächsten Supermarkt aber noch einen Besuch abgestattet. Schokolade von Kalev (die haben in Tallinn ein kleines Museum), eine Flasche Erdbeer-Cider und ein Sixpack Saku-Bier. Das sollte eigentlich genau mit unseren restlichen EEK bezahlt werden, hätte ich mich nicht grob verrechnet. Also freute sich noch der Schiff-Shop, dass er zwei weitere Schokoladentafeln los wurde. 🙂
Schön mal einen Blick ins östliche Europa geworfen zu haben – ein toller Ausflug war es auf jeden Fall – bei mehr als zwei Tagen hätten wir aber schon suchen müssen, was es in Tallinn noch so zu sehen gibt. Für zwei Touri-Kultur-Muffel wirds da langsam schwierig. 😉
Bilder gibts später, denn wir fahren jetzt nach Helsinki-Zentrum in eine Bar mit Sonnenterrasse – bei Nieselregen und einsetzender Dämmerung. 😛