Ich hatte etwas Bange vor dem Trubel an den Eingängen der Medina, so dass wir den Wagen am Rande des Ville Nouvelle abstellten. Einer der zahllosen Parkwächter in gelber Weste wies uns, dicht an das nächste Auto gepresst, ein und hätte sich gerne noch ein paar Münzen mit dem Putzen der Scheiben verdient – dies war heute aber noch nicht nötig.
Wir umrundeten die Stadtmauer der Medina und arbeiteten uns von Süden durch das jüdische Viertel nach Norden vor. Eine Synagoge mit kurzen Beschreibungen der wichtigsten Persönlichkeiten der Gemeinde und ein jüdischer Friedhof mit einem Meer aus weiß-getünchten Gräbern. Am Eingang saß bereits der zweite Fremdenführer des Tages, der uns ungefragt durch die Gassen schob. Die Synagoge hätten wir ohne Hilfe nicht gefunden, aber wir hatten nun vor, die Stadt in unserem eigenen Tempo zu erkunden. Mit einigen wenigen Dirham verabschiedeten wir uns von ihm.
Auf dem Weg zum Bazar bzw. den Suks besuchen wir den Bahia Palast, um uns die verzieren Decken und Bögen anzusehen und auch das Kunstmuseum im Dar Si Said.
Sehr beeindruckend, aber auch furchtbar kahl, da im Palast, in den Saaditengräbern und in der Koranschule die leeren Höfe, Zimmer und Fliesenspiegel dominieren. Nur die Stuckarbeiten und Mosaiken haben es in die Jetztzeit geschafft.
Dafür tobt auf dem zentralen Platz der Medina – dem Djemaa el-Fna – das bunte Leben, an dem auch im Norden die teils überdachten Verkaufsgassen anschließen. Die Orientierung ist entsprechend schwierig und die meisten Geschäftstreibenden werden erst so richtig munter, wenn man etwas länger stehen bleibt und ein Stück genauer unter die Lupe nimmt.
Witziger Weise beginnen die spontanen Kontaktaufnahmen häufig mit der Frage „You know what this is?“ und einer längeren Pause, in der man sich scherzend fragen könnte, wer denn hier gerade der Experte für die angebotenen Waren ist.
Es gibt Lederwaren, Stoffe, Gewürze, allerhand aus Holz und Knabbereien in großen überquellenden Auslagen.
Auf dem Platz stehen die Ess- und Saftstände. Andrea hatte gleich zu Beginn ihre Hand bei einer Henna-Künstlerin nicht schnell genug weggezogen und plötzlich eine Linie der Paste auf dem Handrücken.
Außerdem wird alles angeboten, was auch bei uns gelegentlich als typisch-afrikanische Skulpturen in Ethnoshops steht, hier aber genauso fehl wirkt.
Die marokkanischen Muster und Farben die jeden Gegenstand zieren finde ich persönlich schon sehr angenehm, aber in einer Wohnung mit Stilmix wie unserer wird jedes Stück ziemlich herausstechen. Am Stand lässt sich das in der überwältigenden Vielfalt nicht objektiv bewerten.
Wir stiegen in einer Gasse drei Etagen empor auf eine Dachterrasse mit bestem Blick auf den Platz, der sich zur Dämmerung mit zusätzlichen Grillständen, Schlangenbeschwörern, Artisten, Wahrsagerinnen und Geschichtenerzählern füllt. Diese Geräuschkulisse ergibt im Schein der vielen Lampen eine Atmosphäre, wie man sie aus Abenteuerromanen und Filmen kennt.
Auf dem Rückweg – der nächste starke Schauer ließ nicht mehr lange auf sich warten, ließen wir die Medina ohne Umweg hinter uns. Ich war äußerst dankbar dafür, dass ich die Position unseres Parkplatzes per GPS markiert hatte und so zumindest die Position auf einige hundert Meter eingrenzen konnte.
An unserem letzten Tag werden wir noch einmal einige Stunden Zeit haben, die Stadt zu erkunden und dich das eine oder andere Mitbringsel zu erwerben.