Die Königstour, wie sich unser Wanderführer ehrfurchtsvoll ausdrückt, verbindet die drei höchsten Erhebungen der Insel Pico Arieiro, Pico das Torres und Pico Ruivo.
Wir standen eine Stunde früher als bisher auf und verwendeten die ersten beiden Gänge unseres Pandas, um den Parkplatz am Pico Arieiro auf 1818 m zu erreichen. Die letzten Kilometer fuhren wir in einer dicken weißen Suppe, aus der sich jede Kurve erst wenige Meter voraus löste. Der Wind blies die Wolken über die karge Landschaft. Denkt man sich ein paar Pflanzen weg, könnte man die Szenerie mit ihrer roten Erde auch auf den Mars verlegen.
Der Weg ist sehr anspruchsvoll von den Höhenunterschieden, aber ganz ordentlich gesichert – außer man rutscht nach vorne den Abhang hinunter. 🙂 Die ganze Strecke dauerte mit einer Menge Fotos und wohlverdienter Verschnaufpause am Pico Ruivo 7 1/2 Stunden – den Rückweg bereits eingerechnet. Unterwegs teilt sich der Weg um den Pico das Torres in eine kürzere Strecke mit einigen Tunneln und einen großen Bogen mit sehr sehr vielen Stufen. Auf dem Papier sind es nur 1,5 km Unterschied, aber gerade das Auf und Ab kostet viel Kraft. Wir wählten die lange Stecke für den Hinweg und wollten es erst auf dem Rückweg etwas schneller haben.
Als sich die Wege wieder kreuzten stießen wir auf ein, wie mir ein Gruppenführer erzählte, seit über vier Jahren existierendes Provisorium. Dieses umgeht eine weggebrochene Passage, an die wir uns zuvor noch über eine Warnabsperrung hinweg herangetastet hatten. Inzwischen hatte uns eine geführte Tour auf dem schnellen Weg eingeholt, die sich auf dem neuen und mit steilen Eisenleitern ausgeführten Pfad Zeit ließ. Erst an einer Raststelle auf einem kleinen Plateau konnten wir und andere Individualwanderer passieren. Nun stand nur noch der letzte Aufstieg bevor.
Ganz oben kurz vor dem Gipfel der Insel steht tatsächlich eine kleine Berghütte, in der ungekühlte Getränke verkauft werden. Hier treffen auch noch zwei andere Wege aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen aufeinander. Die letzten Stufen sind als 200m ausgeschildert, ziehen sich aber sehr bis zur Spitze.
An diesem Tag brach just in diesem Moment und auf dieser Höhe die Wolkendecke in einer Richtung auf und wir konnten endlich sehen, durch welch zerklüfteten Landschaften wir uns gekämpft hatten. Die unterschiedlich stark erodierten vulkanischen Schichten, lassen ein Panorama aus Kanten, Klippen und tiefen Tälern zurück, durch das die Wolken ziehen. Der eigene Kopf scheint an höchster Stelle so gerade eben aus der Watte zu ragen.
Der Rückweg war so ermüdend, wie wir ihn uns vorgestellt hatten. Aber bei viel besseren Sichtbedingungen war jeder Abschnitt wieder neu für uns. Nach der Wegzusammenführung vor dem Aufstieg trafen wir auf ein Paar aus Karlsruhe, das mit Wanderurlaub-Erfahrung und der Energie des vorletzten Urlaubstages, unsere letzten Kraftreserven und Ehrgeiz weckte. Im Gespräch vertieft kann man sich nicht einfach hechelnd in den Hang legen. Zu zweit hätten wir bestimmt einige Male öfter gerastet. So war es ein gesundes klettern und warten und quatschen.
Mit zitternden Beinen betraten wir schließlich wieder den Parkplatz am Arieiro, wo sich die Wolken noch immer festgebissen hatten und verabschiedeten uns.
Auf der Rückfahrt suchten wir uns, ein noch unbekanntes neues Dorf am Meer aus und fanden in Câmara de Lobos einen netten Platz für das Abendessen. Andrea nutzte die Gelegenheit noch für eine Sprung ins Hafenbecken, als das Salzwasserbad schon die Pforten schloss.