Wenn ich mir eine Jeans kaufe, geht sie nach einiger Zeit auf die immer gleiche Art und Weise kaputt. Die Lebensdauer ist nach meinen Beobachtungen ziemlich proportional zum Kaufpreis. Meine Hosen sind lang und legen sich an den Schuhen in Falten. Manchmal verfängt sich der hintere Hosenbund unter der Schuhsohle und wird auf dem Weg zur Fachhochschule vollkommen natürlich „stone-washed“. Es stellt sich quasi die richtige Hosenlänge vollautomatisch ein. Irgendwann ist auch die letzte Faser des Saumes zertrennt und die Jeans wartet geduldig auf Phase 2:
Ich setze mich auf meinen Schreibtischstuhl und mache meinen Kram. Irgendwann wird es aufregend und wahlweise gemütlich und ich verschränke mein rechtes Bein in einem halben Schneidersitz. Dann erweckt etwas meine vollkommene Aufmerksamkeit und ich setze mich schlagartig in eine rückenschonendere Position auf. Die Hose bleibt zwischen meinem Hinterteil und dem Stuhl hängen …
*raaaatsch*
Ein Riss zwischen 5 und 15 Zentimeter beendet das Leben meiner Jeans in der Öffentlichkeit. Es folgen evtl. einige Monate des Siechtums bei Gartenarbeit und Rasenmähen, bis sie ihr Leben in der Mülltonne aushaucht.
Damit ist jetzt Schluss.
Immerhin leben wir in Zeiten, in denen man fast nur noch kaputte, mit Löchern und Rissen versehene, Jeans in den Läden kaufen kann. Eine Nähmaschine kann ich auch ansatzweise bedienen – legen wir also los.
Zwei Hosen mit bekanntem Symptom stehen mir zur Verfügung. Hose A hat eine optionale Phase B* durchgemacht – sie wurde bei einer Tanzstunde unter einem fremden Schuh eingeklemmt und geräuschvoll luftig gerissen. Hose B dagegen hat nicht nur bereits ein halbes Jahr Gartenarbeit hinter sich, sondern zusätzlich ein fettes Loch im Schritt – also geht es ihr an den Kragen.
Im ersten Schritt kürze ich Hose A auf die äußerst-mögliche Länge, die sich ergibt, wenn man alle Löcher und den Restsaum eiskalt absäbelt. Der Versuch beiden Beinen die gleiche Länge zu verpassen scheint sogar geglückt zu sein.
Damm schnibble ich einen passenden Streifen aus Hose B und fixiere ihn freihand an der Innenseite vom Riss an Hose A. Ich finde in der Anleitung der Nähmaschine einen passenden Stich und überlege mir eine Technik, am Hosenbein entlang zu nähen, obwohl es ständig hängen bleibt. Ein einfacher Saum auf jeder Seite hält schließlich den ehemaligen Riss zusammen, wenn man nicht gerade mit dem Finger darin puhlt und den braunen (!) Stoff B freilegt. Ich möchte auch nicht verschweigen, das ich auf der Hälfte von Naht 2 eine Schicht „gesunde“ Hose A mit eingenäht hatte – so einfach ist es halt auch nicht – aber immerhin behebbar.
Riss geflickt. Löcher herausgeschnitten. Praktisch denken: Was ist noch zu tuen, um Phase B nachhaltig zu verhindern?
Selber Stich (b.t.w.: Schwarzer Ober-, weißer Unterfaden) – einmal rund um die Beinenden. Das sollte den nächsten Riss auch ohne Saum für eine Weile verhindern. Fertig ist die gepimpte (nun stilistisch, wie in der Massenverteilung vollkommen asymmetrische) Jeans, die man jedem – möge er es hören wollen oder auch nicht – unter die Nase reiben kann.
Und wenn du bis hier gelesen hast, habe ich zumindest das erfolgreich geschafft. 😉